Wenn man als Klavierspieler so ein Klavier geschenkt bekommt, freut man sich erst einmal. Nach zaghaften Versuchen, darauf zu spielen, hofft man intensiv - auf den Klavierstimmer. Als Klavierstimmer muss man die gute Stimmung quasi im Herzen tragen. Denn der Ersteindruck lässt vermuten, dass man es hier mit massiven Schäden im Stimmstock zu tun hat. Tatsächlich ergab die Prüfung der stark verstimmten Töne unterschiedlich fest sitzende Stimmnägel. Daher also die erste Entscheidung zu Gunsten des Klaviers: Tiefer stimmen!
Sie hören ein Piano der Marke E. F. Gruss aus Frankfurt an der Oder. Von diesem Hersteller ist eine Seriennummer erhalten: 4959 aus dem Jahr 1903. Das Instrument aus unserem Hörbeispiel hat die Seriennummer 1216 und wurde somit deutlich vor 1903 gebaut. Trotzdem ist die Konstruktion bereits modern: Es ist ein Überkreuzsaiter mit einer Unterdämpfer-Mechanik. Nur die Tonhöhe passt nicht zu der Zeit, in der das Piano gebaut worden ist. Denn der letzte Stimmer hat es wohl einfach auf die heute übliche Norm von 440 Hertz gestimmt. Entsprechend dem Alter sowie dem Zustand des Klaviers habe ich es daher zuerst auf 427 tiefer gestimmt. Das Tieferstimmen funktioniert im Prinzip wie das Höherstimmen. Beide Varianten des Vorstimmens bietet die Klavierstimmerei Praeludio® seinen Kunden innerhalb eines Termins sowie zum Festpreis an. In dem Fall dieses Klaviers fördert das Tieferstimmen sowohl die klanglichen Eigenschaften als auch die Stimmhaltung. Es ist also im Transfer eine Maßnahme der Salutogenese für das über 100 Jahre alte Piano und seine jungen Besitzer.
#Hörbeispiel Piano von E. F. Gruss (Frankfurt an der Oder) tiefer gestimmt http://t.co/oVLkpau0i6 pic.twitter.com/cyQVKiFZtI
— Matthias Meiners (@Praeludio) 25. April 2015
Bei meinem Kollegen Dieter Gocht finden Sie in dessen Datenarchiv des Klavierbaus aufschlussreiche Informationen über den Klavierbauer Ernst Friedrich Gruss.
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